Das Verdickt ist klar und war so auch zu erwarten. Der Nationalrat sagt ja zu allen in STEP 2023 enthaltenen Projekten. Sich mit Details der einzelnen Bauvorhaben auseinanderzusetzen und sich so ein Bild zu machen, kostet viel Zeit. Einfacher ist es, den Vordenkern und dem Programm der Partei zu folgen und entsprechend abzustimmen. Nicht hilfreich für eine Ablehnung der Teilspange waren auch einige Falschaussagen, ob absichtlich oder irrtümlich – u.a. von Bundesrat Albert Rösti.
Schliesslich ging es in der Debatte erst um den Zahlungsrahmen für die Nationalstrassenprojekte bis 2027. Ein effektives Projekt ist damit noch nicht bewilligt.
Für Interessierte sind hier die Voten zum Autobahnanschluss am Güterbahnhof St.Gallen zusammengefasst.
Am 30. März stand die Teilspange im Nationalrat auf der Traktandenliste. Unter dem sperrigen Namen "Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2024-2027, Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen, Verpflichtungskredit und Änderung des Bundesbeschlusses über das Nationalstrassennetz (23.032)" wurde über den Ausbau des Nationalstrassennetzes debattiert.
(Hinweis, die Namen der Votantunnen und Votanten sind mit Links zum Protokoll hinterlegt. Dort ist das Votum auch als Video zu finden.)
"Meine Minderheit bei Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c betrifft die dritte Röhre Rosenbergtunnel, inklusive Spange Güterbahnhof in St. Gallen. Wie Sie schon der Projektbeschreibung entnehmen können, sind es eben zwei verschiedene Projekte. Es sind zum einen die dritte Röhre des Rosenbergtunnels, Kostenpunkt: gut 400 Millionen Franken, und dann, später hinzugekommen - so nach dem Motto "Das packen wir auch noch rein" -, eine zusätzliche Autobahnausfahrt mit zwei Tunnels und einem unterirdischen Kreisel mitten in der Stadt, Kostenpunkt: mehr als 700 Millionen Franken. Mein Antrag ist, die teure Autobahnausfahrt zu streichen, gibt es doch 500 Meter weiter die Ausfahrt Kreuzbleiche, wo das Verkehrsmanagementsystem seit Jahren erfolgreich seine Dienste leistet.
Dass die Projekte nichts miteinander zu tun haben und man also problemlos eines der beiden streichen kann, ist auch in der Botschaft auf Seite 38 nachzulesen. Dort steht: "Das Projekt 3. Röhre Rosenbergtunnel ist am 30. März 2022 genehmigt worden. Das Projekt für das Vorhaben Spange Güterbahnhof ist in Bearbeitung und soll Mitte 2025 bewilligt werden." Es ist also noch nicht bewilligt. Sie können also mit gutem Gewissen meinem Antrag zustimmen, ohne den Rosenbergtunnel zu gefährden.
Erwähnenswert ist meiner Ansicht nach auch der Schlussbericht einer Testplanung für das innerstädtische Gebiet rund um den Güterbahnhof, bei der nebst der Stadt und dem Kanton auch das Astra mitgewirkt hat. Wer den Schlussbericht dieser Testplanung liest, weiss, dass die Fachgremien diesen Autobahnanschluss mitten in der Stadt als nicht verantwortbar taxieren. Zu stark sei der Eingriff in den Stadtkörper. Zudem würde die neue Autobahnausfahrt zu Lasten des Fuss- und Veloverkehrs wie auch des öffentlichen Verkehrs gehen. Das hat das St. Galler Stadtparlament bewogen, bei der Regierung mit einem Postulat einen Planungstopp zu beantragen. Genau das empfehle ich Ihnen mit meiner Minderheit auch."
"Die Minderheit II (Schlatter) möchte in Entwurf 2 den Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c, die dritte Röhre Rosenbergtunnel, streichen. In St. Gallen wird mit dem Ausbau des Rosenbergtunnels inklusive der Spange Güterbahnhof eine massive Ausweitung der Strassenkapazitäten geplant. Diese Ausweitung ist klima- und umweltpolitisch nicht vertretbar. Umso mehr, als dass die neue Strassenverbindung den öffentlichen Verkehr, den Ruckhaldetunnel direkt konkurrenziert und damit die Verlagerungsbemühungen indirekt torpediert. Das St. Galler Stadtparlament lehnt das Projekt auch deswegen ab. In einem von Kanton und Stadt St. Gallen in Auftrag gegebenen Bericht spricht man von grossen städtebaulichen Herausforderungen und Nachteilen für den öffentlichen Verkehr wie auch für den Langsamverkehr."
"Wenn Ihnen jemand zu einer fangfrischen Forelle auch noch Gammelfisch dazupacken will, dann werden Sie vermutlich genau hinsehen, was das soll. Das sollten wir auch in diesem Fall. St.Gallen ist eine etwas andere Stadt, als es die meisten von uns gewohnt sind. Sie können nicht z. B. eine Ringautobahn um die Altstadt machen, das macht da keinen Sinn, denn St. Gallen liegt in einem Hochtal. Der ganze Verkehr kanalisiert sich Ost-West, und der innerstädtische Verkehr wird im Wesentlichen über die zahlreichen Autobahnanschlüsse abgewickelt. Das führt dazu, dass es beim Rosenbergtunnel ein Nadelöhr gibt. Dieses Nadelöhr will man nun durch einen Ausbau auf je drei Spuren beheben. Das kostet 650 Millionen Franken, das ist nicht wenig.
Und nun kommt die Schlaumeierei: Machen wir doch gleich noch einen Halbanschluss von und zum Güterbahnhof - nur einen Halbanschluss -, mit einem unterirdischen Kreisel, mit Ausfahrten in unmittelbarer Nähe zum bereits bestehenden Vollanschluss Kreuzbleiche, und der Möglichkeit zu einer Verlängerung, wie sie der Kanton andenkt, die sich Liebegg-Tunnel nennt. Das kostet eine weitere Viertelmilliarde. Insgesamt kommt dieses Zückerchen dazu also auf 850 Millionen Franken zu stehen - nicht schlecht. Besteht nun ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Projekten? Nun, je nachdem, wie man das sieht. Tatsächlich macht der zusätzliche Halbanschluss ohne Engpassbeseitigung gar keinen Sinn. Das wäre widersinnig.
Aber: Die Engpassbeseitigung im Rosenbergtunnel macht auch ohne diesen Halbanschluss sehr viel Sinn; sie ist zweckmässig. So gesehen ist die Verknüpfung nicht notwendig und wahrscheinlich auch nicht sinnvoll.
Ich habe gesagt, man müsse genau hinschauen. Das bedeutet, dass man die Teilprojekte anschauen muss. Das Teilprojekt Engpassbeseitigung, also die dritte Röhre im Rosenbergtunnel, ist kaum bestritten. Widerstand gibt es jedoch gegen die Teilspange, die unter anderem auch vom aktuellen Stadtparlament abgelehnt wurde. Hier muss ich Kollege Paganini korrigieren: Die Bevölkerung hat nie Ja zu einem Projekt gesagt, sondern sie hat gesagt, dass es keinen Sinn macht, in die Gemeindeordnung hineinzuschreiben, dass an einem bestimmten Ort etwas Bestimmtes nicht entstehen soll. Das ist legislativer Wildwuchs, und dazu hat die Bevölkerung zu Recht Nein gesagt. Der Nutzen dieser Teilspange ist fraglich; sie ist völlig unverhältnismässig."
Frage dazu von Mike Egger (SVP): "Was ist die Lösung der grünliberalen Fraktion, um das Verkehrschaos, das sich in der Stadt St. Gallen anbahnt, zu verhindern? Wenn wir jetzt zu diesem Projekt nicht Ja sagen, dann wir die Stadt St. Gallen im Verkehrschaos versinken."
Antwort Thomas Brunner: "Genau deshalb sagen wir Ja zu dem, was es braucht, nämlich zum Rosenbergtunnel, denn dort haben wir ein Problem. Dort aber, wo wir nur neue Probleme schaffen, sagen wir Nein. Man muss differenzieren."
"Ich teile Ihnen mit, dass die SP-Fraktion die Minderheit I (Aebischer Matthias) unterstützt, die eben den Rosenbergtunnel bauen will, dafür aber auf die Spange Güterbahnhof verzichten will. Wir sind auch der Überzeugung, dass diese 700 Millionen Franken für die Spange nicht gut investiertes Geld sind, das zeigt auch das zweifelhafte Resultat der Kosten-Nutzen-Analyse, ich glaube, Kollege Brunner hat das vorhin sehr plausibel und genau erklärt. Zudem, auch das wurde schon gesagt, hat auch das Parlament der Stadt St. Gallen genau diese Position vertreten. Es möchte das letzte grosse zentrumsnahe Entwicklungsgebiet für die innere Verdichtung der Stadt nutzen und nicht für diese Spange Güterbahnhof. Auch hier, wie übrigens bei den Projekten in Bern, würden also Hunderte von Bundesmillionen gegen die Bedürfnisse der Leute vor Ort ausgegeben. Sollte sich der Rat nicht für den Minderheitsantrag I (Aebischer Matthias) aussprechen, werden wir halt nolens volens das ganze Projekt ablehnen."
"Beim Rosenbergtunnel braucht es die Spange Güterbahnhof einfach, wenn man wirklich entlasten will. Sie haben Recht, mit dem Rosenbergtunnel könnte man die Sanierung machen. Aber wenn die Spange Güterbahnhof nicht gebaut werden kann, dann wird der Stau einfach bleiben. Wir wollen ja eine Entlastung, wir wollen, dass die heutige Situation nicht schlimmer wird. Mit dem Ausbau der Spange wollen wir zusätzlich eine Entlastung."
Bundesrat Rösti ist offensichtlich nicht mit dem Projekt vertraut. Seiner Antwort zufolge ist der "Rosenbergtunnel" lediglich eine "Sanierung". Der Engpass würde nur mit der Spange beseitigt.
Frage dazu von Claudia Friedl (SP SG): "Übergeht der Bundesrat durch sein vorschnelles Handeln nicht den politischen Willen der Behörden und der Bevölkerung, wenn er jetzt dieses Projekt Spange einfach durchdrückt? Denn das Projekt lag damals, 2016, als schon einmal darüber abgestimmt wurde, nicht in dieser Form vor."
Antwort: "Ich kann Ihnen einfach sagen, dass sowohl der Kanton wie auch der Stadtrat dieses Projekt unterstützen. Ich weiss, dass es im Stadtparlament andere Diskussionen gibt. Dieses hat bei Einsprachen letztlich auch sein Mitspracherecht. Der ganze Prozess liegt jetzt vor uns. Hier und heute bewilligen Sie den Rahmenkredit und nicht das konkret ausgestaltete Projekt."
Frage dazu von Thomas Brunner (GLP SG): "Ich habe es sehr geschätzt, dass Sie heute gesagt haben, Sie wollen nicht die Strassen in die Zentren ausbauen. Ist Ihnen klar, dass mit dem Liebeggtunnel genau das passieren wird? Sie landen da auf einem Halbanschluss, und alles was nicht gegen Westen, sondern gegen Osten fahren muss, zwängt sich nachher durch die Stadt."
Antwort: "Es gibt eben zwei Strategien. Es gibt die Strategie im jetzigen Ausbauprogramm und die Strategie im Bahnausbau, die die nächsten Ausbauschritte betrifft. Da gehört eben noch diese Engpassbeseitigung dazu. Es ist aber nicht eine neue Verbindung. Genau gleich habe ich bei der Bahn auch nie gesagt, man solle in der Fläche Olten-Zürich nicht mehr bauen - wenn ich das hier auch betonen kann. Olten-Aarau-Zürich: Da braucht es eine Kapazitätserweiterung. Es ist also eine komplexe Angelegenheit. Es gibt eine Strategie, die wir heute beschliessen, und dann gibt es eine Strategie 2050.
Erkennt jemand den Zusammenhang?
Abgestimmt wurde über Anträge zur Streichung einzelner Projekte, welche in Paketen zusammengefasst wurden. Die "Engpassbeseitigung St.Gallen" wurde somit mit 56 zu 44% angenommen.
Quelle: Protokoll parl.ch
Die ganze Debatte zu STEP 2023 im Nationalrat